Sein Blick glitt die Hauptstraße entlang. Das Café mit viel zu kitschiger Deko zog ihn magnetisch an. Er folgte immer seinem Bauchgefühl.

Bereits beim Eintreten sah er sie. Ein Grinsen entwich ihm. Die langen roten Haare, die Sehnsucht, die ihr Blick verriet, das Weibliche. Er checkte ihren Tisch. Ein Buch. Kein Handy. Ein Getränk. Latte Macciato, vermutete er. Wie gerne hätte er sie sofort angesprochen, doch das tat er nie.

Er setzte sich an das andere Ende des Cafés. Ein kleiner Tisch, der nah an der Wand stand, schien ihm passend. Sie hatte er dabei voll im Blick. Selbst als die Kellnerin die Bestellung aufnehmen wollte, wandte er seinen Blick nicht ab. 

„Latte Macciato. Heiß, wenn ich bitten darf!“

„Geht klar“, antwortete die Kellnerin Kaugummi kauend und verdrehte die Augen.

Die schöne Rote las und spielte verträumt an einer Haarsträhne.   

Der Latte Macciato kam rasch und er war heiß. Genauso heiß wie die Rote. Es fuchste ihn maßlos, dass er nie über seinen Schatten sprang und den Kontakt aufnahm, ohne auf den einen, richtigen Moment zu warten. Das kostete Zeit.

Er nippte am Latte. Sie war die Richtige. Jetzt brauchte er Geduld, bis sich der geeignete Moment bieten würde. Er studierte sie.

Jelena winkte der Kellnerin zu.

„Zahlen, bitte!“ 

Sogar ihre Stimme war bezaubernd. Bloß nichts falsch machen. Er hatte nicht oft Glück mit Frauen. Das durfte er nicht in den Sand setzen.

Als Jelena sich in Richtung Türe aufmachte, musste er handeln. 

„Zahlen“, raunte er. 

Er wollte niemanden unnötig auf sich aufmerksam machen. Die Kellnerin signalisierte ihm, dass sie ihn hörte, drehte jedoch zuerst in Richtung Küche ab. Immer noch Kaugummi kauend, was ihn veranlasste, sich zu schütteln.

„Wo bleibt diese blöde Kuh?“ 

Wenn er sich jetzt nicht sofort aufmachen könnte, wäre die Rote außer Sichtweite. Er legte das Geld auf den Tisch und eilte hinaus. Rechts, nicht zu sehen. Links, er hatte Glück. Sie spazierte geradewegs über die Straße. Er näherte sich ihr unauffällig. Nach wenigen Metern blieb sie stehen und stand gebannt vor den übergroßen Plakaten eines Reisebüros, die dort gut in Szene gesetzt im Fenster hangen.

Sie ging hinein.

Und er folgte ihr.